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Klasssische Hepatitis-C-Therapie – kritisch hinterfragt


Hepatitis ist eine heimtückische Krankheit – eine Entzündung der Leber. Es gibt weniger bedrohliche Formen und Formen, die bei langer Erkrankung heftige Leberschäden und Tod zur Folge haben (können). Eine Form davon, die lange als unheilbar galt, ist die Hepatitis C. Bei den Hepatitiden A, B, C D und E liegt immer eine Virusinfektion zugrunde. Bei der Hepatitis C ist es ein „behülltes Einzelstrang-RNA-Virus“, das als Auslöser gilt. Die Übertragung ist glücklicherweise fast nur auf kontaminiertes Blut beschränkt. Das heißt in der Praxis, dass „verseuchte“ Bluttransfusionen für eine Übertragung sorgen. Aber auch nicht steriles Infusionsbesteck oder Spritzen, die mit kontaminiertem Blut in Kontakt gekommen sind, reichen für eine Übertragung aus. Ein weiteres Kapitel sind Gerinnungsfaktoren, die aus betroffenen Blutproben gewonnen werden. Auf diese Weise ist nicht nur Hepatitis C auf Patienten mit Hämophilie übertragen worden, sondern auf gleiche Weise auch HIV (Tödlicher Ausverkauf: Wie AIDS nach Asien exportiert wurde).

Laut RKI liegt die Prävalenz für Hepatitis C in Deutschland bei 0,5 Prozent. In konkreten Zahlen heißt das, dass die Fallzahlen zwischen den Jahren 2000 und 2013 zwischen knapp 4400 und fast 9000 liegen. Ein Trend ist hier nicht zu erkennen. Insgesamt sind in Deutschland zwischen 400.000 und 500.000 Menschen betroffen.

Näheres zu dieser Erkrankung, den Symptomen und der Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten können Sie hier nachlesen:

Neuer Durchbruch in der Hepatitis – Therapie

Lange galt Hepatitis C als nicht therapierbar. Warum? Weil es keine Medikamente gab, die gegen Viren wirksam waren. Antibiotika haben hier absolut keine Wirksamkeit, da sie sich ausschließlich gegen Bakterien richten.

Die Behandlung von Viruserkrankungen wurde erst möglich durch die Möglichkeit, die Replikation der Viren zu unterbrechen. Heute gilt in diesem Zusammenhang als „konventionelle Therapie“ ein Nukleosid-Analogon, das sich Ribavirin nennt. Es ist ein Polymerase-Hemmer. Chemisch gesehen ist die Substanz ein Analogon von Guanosin. In der Zelle hemmt sie aber die Bildung von Guanosinmonophosphat, einem elementaren Baustein der DNA und RNA. Damit vernichtet die Substanz zwar nicht bestehende Viren, hindert sie aber an der Synthese neuer DNA beziehungsweise RNA, die für die Vermehrung unentbehrlich sind. Die Beseitigung der Viren, sofern sie nicht von alleine untergehen, ist dann Aufgabe des Immunsystems. Nachteil von Ribavirin ist, dass es meist in Kombination mit einem Interferon gegeben werden muss und außerdem nicht gegen alle Virenarten effektiv ist.

Peginterferon-alpha ist eine künstlich retardierte Form von Interferonen mit therapeutischem Einsatz. Interferone, die vom Körper gebildet werden, bewirken eine unspezifische Stimulation der T-Lymphozyten und verstärken somit die Abwehrreaktion gegen bestimmte Virusinfektionen und Krebserkrankungen. Peginterferone gelten ebenfalls als „konventionelle Therapie“ gegen Hepatitis C.

Leider hatte die Kombination der beiden „konventionellen“ Substanzen einen entscheidenden Nachteil: Die „Ansprechrate“ betrug bestenfalls 50 Prozent. In der Tat ist es recht teuer, wenn man von fast 70 Euro Tagestherapiekosten ausgehen kann, bei der nur die Hälfte der Patienten einen Therapieerfolg mit nach Hause nehmen kann. Das ist fast so wie im Lotto, wo man für mehr oder weniger viel Geld nur eine Niete zieht.

Der „Durchbruch“ kam mit einer Reihe von Proteasehemmern und Polymeraseinhibitoren. Teilweise müssen die verschiedenen Vertreter der beiden Wirksubstanzgruppen noch mit Peginterferon kombiniert werden, oder sogar in einer Dreier-Kombination verabreicht werden. Aber die Ansprechraten, und jetzt kommt der „Durchbruch“, lagen weit über 50 Prozent. Die Kombination von Sofosbuvir, einem ganz neuen nukleotidischen Polymeraseinhibitor, und Ribavirin brachte eine Ansprechrate, ganz ohne Interferon, von rund 90 Prozent.

Aber trotz „Durchbruch“ bleibt es kompliziert. Denn die Hepatitis-C-Viren scheinen sich nicht um diesen Durchbruch kümmern zu wollen. Oder mit anderen Worten: In der inzwischen stolzen Sammlung an anti-viralen Wirksubstanzen gibt es keine einzige Substanz, die alleine mit den Viren „fertig“ werden kann. Kombinationen sind hier das Maß aller Dinge. Damit steigt die Zahl der möglichen Wechsel- und Nebenwirkungen. Grund für die Notwendigkeit der Kombination liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Tatsache, dass es kein Hepatitis-Virus per se gibt, sondern eine Vielzahl an genetisch sich unterscheidenden Varianten. Das heißt, dass diese Varianten aus Mutationen entstanden sind, die die Wirksamkeit von zuvor recht gut wirksamen Medikamenten durch eine Mutation = gleich Ersatz von einigen wenigen Aminosäuren oder oft sogar nur einer Aminosäure in ihren Enzymen ausgehebelt haben.

Dies ist zum Beispiel bei dem sogenannten „NS3-Q80K-Polymorphismus“ der Fall, wo das Virus seine Protease dahingehend verändert hat, dass in der Aminosäurekette an der Position 80 die Aminosäure Glutamin gegen Lysin ausgetauscht worden ist. Nur diese eine Veränderung bewirkt, dass man es mit einer fast vollkommen anderen Protease zu tun hat, die auf das alte Medikament nicht mehr anspricht und damit nicht gehemmt wird.
Aber nicht nur Medikamente von der Pharmaindustrie bewirken eine Differenzierung von Virusarten. Diese Fähigkeit hatten die Viren schon weit vor der „Erfindung“ der Pharmaindustrie. Darum gibt es von Beginn an kein einheitliches Muster bei den Hepatitis-Viren.

Vielmehr gibt es verschiedene Genotypen, die ein spezifisches Verteilungsmuster haben. In Europa und den USA kommen vermehrt die Genotypen 1, 2 und 3 vor. In Afrika existiert ein Genotyp 4. Insgesamt gibt es sieben verschiedene Genotypen mit 30 Subtypen.

Bei einer solchen Heterogenität und mittelfristigen Anpassungsfähigkeit der Viren kann es kaum ein Mittel geben, das alle Varianten gleichermaßen gut und zuverlässig behandeln kann. Und diese Heterogenität erklärt auch teilweise, warum Kombinationen von Präparaten zum Einsatz kommen, damit die Erfolgsrate entsprechend hoch ausfällt. Welches Medikament gegen welchen Genotyp wirksam ist, das wird in Wikipedia anschaulich dargestellt: Hepatitis C.

Wer darf auf was hoffen?

Auch wenn die Nebenwirkungen der einzelnen anti-viralen Substanzen als Mono- und erst recht als Kombinationstherapie nicht gerade als geringfügig zu betrachten sind, ist und bleibt eine unbehandelte Hepatitis-C-Infektion immer noch das schlimmere Übel. Eine Heilungsrate von 90 Prozent erscheint dazu geradezu als phänomenal, was die Bezeichnung „Durchbruch“ zu rechtfertigen scheint. Aber auch hier bleibt sich die Pharmaindustrie treu. Obwohl Sofosbuvir in Kombination mit anderen Substanzen und Interferon auf diesen „phänomenalen“ Wert kommt, scheint es auch hier mal wieder mit der Dokumentation zu hapern. Das Arzneitelegramm vom August 2014 vermerkt zum Kapitel „unerwünschte Wirkungen“:

„Weder EMA noch FDA haben spezifische Störwirkungen von Sofosbuvir entdeckt,2,4 was daran liegen könnte, dass Kontrollgruppen weitgehend fehlen und indirekte Vergleiche schwierig sind.“

Hier erfahren wir auch, dass Bristol-Myers Squibb im Jahr 2013 eine Substanz hatte einstampfen müssen, die Sofosbuvir sehr ähnlich war, aber in der präklinischen Testphase für so heftige Nebenwirkungen sorgte, dass einige der Teilnehmer ins Krankenhaus mussten und sogar ein Teilnehmer an Herzversagen verstarb.

Aber solche Erwägungen sollten absolut kein Grund sein, die Sicherheit und Verträglichkeit eines Präparates auf Herz und Nieren zu prüfen, wenn man mit Hilfe einer vielleicht nicht so evidenzbasierten Dokumentation auf ein „phänomenales“ Ergebnis verweisen kann. Denn „phänomenale“ Ergebnisse rechtfertigen auch „phänomenale“ Preisvorstellungen. Im Falle von Sofosbuvir, das sogar für alle Genotypen benutzt werden kann, ergeben sich um die 720 Euro Tagestherapiekosten (= nur 1 Tablette). Diese Kosten beinhalten jedoch noch nicht die zusätzlichen Kosten für die Kombinationspräparate, wie Interferon, Ribavirin oder andere anti-virale Substanzen. Denn Sofosbuvir erzielt die „phänomenalen“ 90 Prozent nicht alleine als Monotherapie.

Dementsprechend „lustig“ geht es dann auch bei der Bewertung der Substanz zu. Die Herstellerfirma will ihr Geschäft ausschöpfen, so gut es nur geht. Die Betroffenen wollen das Gegenteil. Und so geben die Krankenkassen der Substanz eine schlechtere Bewertung als der Gemeinsame Bundesausschuss bei der Nutzenbewertung (sueddeutsche.de/news/gesundheit/gesundheit-neues-arzneimittel-gegen-hepatitis-c-bekommt-gute-noten-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-140716-99-08267). Denn die Krankenkassen rechnen bei den gegebenen Preisen mit einer Mehrausgabe von rund 1 Milliarde Euro pro Jahr.

Fazit

Eine Kombinationstherapie gegen Hepatitis C mit einer Trefferquote von 90 Prozent ist ein gewichtiges Argument für die eingesetzten Substanzen. Die damit verbundenen Preise sind von Seiten der Hersteller ein weiteres Argument für ihre Kreationen. Für die Betroffenen sind sie schlichtweg unerschwinglich. Und der Vorwurf der mangelnden Dokumentation gilt immer nur dann, wenn es sich um die Naturheilkunde handelt. Im Fall von Sofosbuvir könnte eine wasserfeste Dokumentation möglicherweise zu unliebsamen Überraschungen führen, was die anberaumten Preisvorstellungen gefährden könnte. An Avandia und Vioxx haben wir ja sehen können, wie man mit evidenzbasierten Killern schnell Kohle machen kann. Warum auch nicht hier?

 

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